Rede zum Neujahrsempfang der Stadt Grafing, 05.01.2020

Liebe Grafingerinnen und Grafinger,
ich möchte Sie ganz herzlich zum Neujahrsempfang 2020 begrüßen.
Zum sechsten Mal schon darf ich Sie als Bürgermeisterin unserer schönen Stadt zum Neujahrsempfang willkommen heißen.

  • Ganz herzlich begrüßen möchte ich unseren Ehrenbürger, Herrn Dr. Mischlewski, der zu unserer allergrößten Freude vor wenigen Wochen seinen 100 Geburtstag gefeiert hat. Welch‘ ein Schatz, sich mit ihm zu unterhalten. Wie authentisch die Erinnerungen, wenn er aus seinem reichen Leben erzählt.
  • Herzlich begrüßen möchte ich auch Herrn Pfarrer Dr. Mutonkole und Herrn Pfarrer Axel Kajnath.
  • Herzlich und mit Freude begrüße ich Doris Rauscher und Thomas Huber, unsere Vertreter im Bayerischen Landtag.
  • Vertreter der Feuerwehr, des BRK und alle Ehrenamtlichen
  • Stadträtinnen und Stadträte
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung
  • Meiner Assistentin Frau Häusser für die Organisation
    und das Stadthallenteam für Speis und Trank und Ton und Bestuhlung.
  • Begrüßen möchte ich auch Michi Seeholzer vom Merkur, Elisabeth Urban von der Süddeutschen und Frau Redinger vom Hallo. Vielen Dank für euer ehrliches Interesse an Grafing.
  • Ich bedanke mich bei der Musik, bei Joachim Jann am Saxophon und Davide Roberts am Flügel.

Jede und jeder freut mich, der heute in die Stadthalle gekommen ist, denn sie oder er zeigt damit ehrliches Interesse an Grafing, an seinen Grafinger Mitbürgern und auch an der Politik.

Mich freut auch, dass wir uns hier in der Stadthalle treffen. Wegen des laufenden Bürgerbegehrens muss ich mich hier ja neutral verhalten, aber Sie, liebe Grafinger, erwarten zurecht meine Meinung – was für ein juristischer Drahtseilakt … Also ich würde die Stadthalle als unser zentrales Kulturzentrum gerne sanieren und renovieren, ich würde auch gerne den kleinen Saal unterm Dach nutzbar machen. Wenn, ja wenn, die Sanierungsmaßnahmen finanziell irgendwie darstellbar sind. Aber meine Meinung ist auch, „dass der, der jetzt meint, die Lösung zu wissen, der weiß gar nichts“.
Ich bin mir sicher, wir finden eine Lösung, mit der alle zufrieden sind. Konsens nennt man das – und Konsens sehe ich als das wichtigste Element meiner Politik. Nein, ich meine keinen Kompromiss. Ein Kompromiss kann auch ein Ergebnis sein, mit dem niemand zufrieden ist.
Ich meine auch keine Mehrheitsentscheidung; mit der ist fast die Hälfte immer unzufrieden.
Aber ein guter Konsens ist einvernehmlich und erfüllt alle mit Stolz und Zufriedenheit.
Mit unzähligen Konsenslösungen habe ich es jetzt fast 6 Jahre lang geschafft, eine heterogene Gruppe – sprich Stadt und Stadtrat – zusammenzuhalten und zu leiten.
Stadtentwicklung mag manchmal etwas mühsam wirken – zumindest fordert Stadtentwicklung, fordern Verwaltungsprozesse meine persönliche Ungeduld heraus. Revolutionen erschrecken die Leute und erzeugen Widerstände. Dagegen ist Evolution mühsam, aber erfolgreich.
Aber: „kurz bevor etwas gelingt, ist der Lärm am größten“.

Angelika Obermayr

Gelingen wird uns die Energiewende. Der tosende Lärm ist zumindest jetzt schon unüberhörbar. Junge Menschen gehen auf die Straße – mittlerweile begleitet von ihrer Großelterngeneration, die sie mit schaudernder Erinnerung an die Demos ihrer Jugend begleiten. Laut sind aber auch die Menschen, die gar nix ändern wollen und sowieso an eine Verschwörung glauben.
Und mittlerweile tauchen sogar immer mehr auf, die sich nicht in der Lage sehen, selber Verantwortung zu übernehmen und deshalb lautstark nach Verboten rufen.
Aber, wie gesagt: „kurz bevor etwas gelingt, ist der Lärm am größten“.
Der Klimawandel hat uns in Europa lange kalt gelassen – im wahrsten Sinne des Wortes. Über ein bissl mehr schöneres Wetter haben wir uns gefreut. Aber dieses Jahr ist es mir einfach zu heiß gewesen. Dauerhaft über 30 Grad – dafür ist meine mitteleuropäische Genetik einfach nicht ausgelegt.
Aber die Energiewende ist machbar. Die Technologien existieren und müssen nur eingesetzt werden. Energie ist nicht knapp: Solarkraft, Wind, Wasser, Biomasse. Energie und Know-how sind da und müssen nur genutzt werden. Bereits 40% unseres Energiebedarfs wird von Erneuerbaren gedeckt. Da geht noch mehr.
Nein – ich rede nicht von Verzicht, von Rückkehr in die Erdhöhle. Ich rede von echtem Gewinn an Lebensqualität. Ein Raumklima in einem gedämmten Haus ist ein Genuss, eine Photovoltaik-Anlage ist spannende Technik und spart Geld, E-Mobilität ist cool und leise, Radfahren spart Parkplatzsuchen, Zugfahren ist entspannend.
Ich rede von Optimismus! Von Handlungsoptimismus! Deutschland war immer ein Land der Innovation, der Hochtechnologie und der Wissenschaft – und das muss auch so bleiben.
Wir schaffen die Energiewende mit Mut und Optimismus.

Es geht uns gut in Grafing!
Fast alle Flächen im neuen Gewerbegebiet sind verkauft. Überwiegend an einheimische Betriebe, die mit ihren wachsenden Arbeitsplätzen hier in Grafing bleiben. Die machen z.T. in der Stadt Platz frei für Wohnbebauung. Gut, wenn innenstadtnah Wohnungen entstehen, das spart manche Autofahrt.
Verkauft sind auch die Wohnungen im Aiblinger Anger. Viele junge Grafinger Gewächse sind dort eingezogen. Und viele Familien aus Grafing und dem näheren Umland haben dort ihr Geld in Wohnraum investiert. Es scheint uns also doch ganz gut zu gehen.
Alle Ortsteile (fast!) sind kanalisiert und die Wasserburger Straße ist endlich neu. Und auch einen g‘scheiden Radlweg nach Grafing Bahnhof gibt es.
Was steht an in den nächsten Jahren?
Verkehr. Alleine, wenn ich an die 2,5% mehr Fahrzeuge denke, die jährlich zusätzlich im Landkreis zugelassen werden, erfüllt mich das mit Sorge. Wir haben mittlerweile einfach ein Platzproblem. Wo sollen denn die ganzen Autos fahren? Wo sollen sie denn parken – die Zweit- und Dritt-Autos?
Es gibt ja auch dankenswerterweise immer mehr Radler. Und noch wird auch in Grafing viel zu Fuß gegangen. Aber der verfügbare Platz wird zu eng. In einer Stadt, die für Pferdefuhrwerke und Fußgänger konzipiert wurde.
Ich fahre ja gerne und viel mit dem Radl zu meinem Büro um Rathaus und in Grafing herum. Ich merke aber da in letzter Zeit immer mehr einen Verteilungskampf auf den Straßen und zunehmende Aggressivität. Ich hoffe hier immer, dass nicht nur Vernunft, sondern auch Bequemlichkeit einkehrt. Allein diese Parkplatzsucherei nervt und es ist einfach bequemer, zu radeln oder zu Fuß zu gehen.
Und ich hoffe immer wieder, dass die STVO so geändert wird, dass es für eine Kommune ganz einfach wird, Tempo30 oder Fußgängerüberwege einzurichten. Da, wo eine Stadt es für richtig befindet.
Wir werden eine Gartenstraße Neu brauchen, einfach um den Marktplatz überhaupt entlasten zu können. Wir werden sie angehen, sobald das möglich ist, aber ein paar juristische Hürden gibt es leider noch!
4 zusätzliche Kitas werden fertiggestellt werden. Und ja, wir werden noch eine weitere Einrichtung in Angriff nehmen müssen. Wer hätte noch vor einigen Jahren gedacht, dass so viele unter 3-Jährige in die Krippe gehen?
Am neuen Berufsschulgelände in Grafing Bahnhof wird eine Sporthalle entstehen. Auch hier wird sich die Stadt finanziell beteiligen, um Platz für Grafinger Sportler zu schaffen.

Ich sehe, seit ich Bürgermeisterin bin, dass es in der Gesellschaft und natürlich auch in Grafing viele Gruppierungen gibt, die viel für unser Gemeinschaftsgefühl arbeiten, aber doch oft wenig miteinander zu tun haben. Auf Neu-Deutsch sagt man auch „Blase“ dazu.
Als Bürgermeisterin habe ich die tolle Gelegenheit, in alle diese unterschiedlichsten Gruppierungen hineinzuschmecken. Mein Ziel war es immer und ist es, die verschiedenen Gruppierungen auf ihren Inseln zu vernetzen, zusammenzufügen, in Kontakt zu bringen.
Das ist auch das Verdienst vieler Menschen. Menschen, die sich fragen „Was kann ich für Andere tun?“ Menschen, die sich in die Gemeinschaft einbringen, das Grundrauschen einer funktionierenden Gemeinschaft bilden.

Ich möchte mich heute bei einigen Bürgerinnen und Bürgern bedanken für ihr jahrelanges ehrenamtliches Engagement.

Angela Reichmeyer und fair
Angela Reichmeyer ist immer schon überall ehrenamtlich aktiv. In der evangelischen Kirche, bei fair Grafing. Dort war sie am Aufbau beteiligt und ist mittlerweile Vorstand, zusammen mit Uwe Peters und … Die fair Genossenschaft besteht seit 2006, hat mittlerweile eine Premium-Position am Grafinger Markplatz und bereichert die Grafinger Geschäftsszene.

Helma Kandlbinder-Zilk,
war maßgeblich am Aufbau der Grafinger Bürgerinnen beteiligt. Die Grafinger Bürgerinnen, nach Aussage eines Mitglieds „ein Emanzenverein“, will die alte städtische Biedermeier-Tracht erhalten. „Wir wollen die alte Tracht präsentieren, damit sie nicht untergeht“, erzählte Frau Kandlbinder-Zilk einmal. „Wir haben alles gesammelt, was herging“, sagt sie. Inzwischen befinden sich im Fundus des Vereins nicht nur alte Kaschmirschals und Riegelhauben, schwarze Röcke, Biedermeier-Schirme, Taschen, sondern auch historische Mieder mit silbernem Geschnür.
Alle zwei Jahre gehen vertreten die Bürgerinnen Grafing am Wiesenumzug.

Maximiliane Prantner
Frau Prantner leitet seit über 10 Jahren die Arbeitsgemeinschaft Leonhardi. Sie kennt jedes teilnehmende Pferd und jeden Rosserer mit all ihren Eigenheiten persönlich. Die Leonhardifahrt, die jedes Jahr so selbstverständlich und reibungslos funktioniert, ist ein organisatorischer Kraftakt. Pferde, Wägen und Rosserer reisen an, treffen sich am Bauhof, müssen sich aufstellen, der Bauhof sichert die Straßen, der Ansager sagt die Promis an, die Kutscheneinteiler sorgen sich um die Belegung der Kutschen. Jeder weiß seine Aufgabe und ein sorgfältig geöltes Räderwerk greift ineinander.
Maxi Prantner kann heute leider wegen einer Familienfeier nicht kommen und vertreten durch Herrn Bernhard Polland, den zweiten Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft. Auch an Ihn vielen Dank für seinen jahrelangen Einsatz.

Herr und Frau Kristen,
Herr Kristen filmt gerne. Und er zeigt seine vielen Filme gerne – oft in der Bücherei der Stadt Grafing. Von seinen Reisen, von Ritualen und Bräuchen. Wenn Sie mal einen Film von ihm sehen wollen, vergessen Sie nicht zu reservieren, denn dein Fan-Kreis ist groß und die Kino-Abende meist ausverkauft.

Frau und Herr Scheid,
Wir können froh sein, bei uns am Land so ein Kino zu haben. Die Qualität ist hoch. Oft kann man Premieren oder Vorpremieren sehen. Ich spar mir die Fahrt nach München oder Rosenheim und habe Kino vom Feinsten. Der große Saal hat den Charme aus den 50ern und die Bequemlichkeit eines modernen Kinos. Unser außerdem gibt es Popcorn oder Gummibärchen. Auch Vereine haben die Möglichkeit, Filme zu zeigen, auch hier sind die zwei Kinosäle immer voll. Ich wäre gerne viel öfters bei Ihnen – bei einem spannenden Film und einer Packung saurer Gummibären.

In dem Sinne wünsche ich mir, dass immer weitere Welten zusammenwachsen zu einem lebenden Gemeinwesen, zu einer immer noch mehr liebenswerten Stadt.
Harmonie ist mir wichtig. Wir müssen nicht immer einer Meinung sein. Wir kriegen eine Stadt nicht besser gemeckert. Das Ziel muss immer im Blick bleiben:
Unsere Stadt, in der wir gerne leben und in der wir gerne zusammenleben.
Und nun lassen Sie uns anstoßen auf das Neue Jahr und gleich hier und heute die Möglichkeit nutzen, getrennte Welten, Neues und Altes, Fremdes und Vertrautes, zu verbinden.
Leid, seid’s freindle zuanand, red’s mitanand!
Danke, liebe Grafinger!